Carina Wintergarten plädiert dafür, mit den Betroffenen individuell Umgangsweisen und Unterstützung beim Essen und Sport zu vereinbaren.

Ich würde immer sagen, es kommt erstmal darauf an, wie weit der ist. Inwiefern, es schon im Klinikbereich drin ist beziehungsweise für sich das angenommen hat. Wenn er darum weiß und das angenommen hat, dass er es hat, dann würde ich vorschlagen, ihn zu fragen, wie er sich denn das vorstellt, wie man umgeht. Weil man kann das gar nicht so speziell sagen. Der Eine mag, dass man mit ihm zusammen Essen zubereitet. Der Andere mag lieber immer für sich selbst essen, weil er halt dann sich teilweise schämt für die Portionen, die er essen muss, sich vergleicht. Das ist auch eine Riesenbelastung. Das kenne ich auch. Wenn du schon ringsherum Leute sitzen hast und die auch essen, dann guckst du die ganze Zeit: Isst der jetzt mehr oder weniger? Weil du willst den ja immer unterbieten dann. Und, wenn du selbst isst, dann hast du nichts zum Vergleichen. Dann tust du wirklich die Portion essen, die du solltest. Das ist für jeden eigentlich so unterschiedlich. Und da ist eigentlich dann wichtig, dass man mit ihm darauf eingeht oder aber auch ihm anbietet, dass wenn-
Sport ist meistens auch ein großes Thema. Dass man zusammen Sport macht, weil dann ist das immer in einem normalen Rahmen und reitet einen nicht noch mehr in die Scheiße rein. Aber das sind- dann einfach fragen: „Wie hättest du es gerne, damit wir auf dich eingehen können?“ In dem Moment ist es vielleicht auch nicht schlecht, wenn man wirklich sich als der Ansprechende dem unterordnet und wirklich sagt: „Ich befolge deine Wünsche.“ Dass der andere halt wirklich das Gefühl hat, man will dem helfen und man nimmt ihn auch ernst mit seinen Problemen. Weil, wenn du es anders herum machst, das übt dann wieder gleich den Druck aus, dass du Kontrolle nehmen willst. Und das ist in dem Moment für den ja schwer, weil der ja eigentlich selbst die Kontrolle behalten will und dann mit sich selbst beschäftigt ist. Und dann kann man mit dem nicht umgehen.
Und für die Phase, wo das jemand noch nicht so für sich verstanden hat?
Also da würde ich als allererstes mit diesem „Essen aufschreiben“. Gucken, dass man jemanden findet, der wichtig für die Person ist, und definitiv auch den als normale Person ansieht. Weil die Magersüchtigen tun ja Außenstehende eigentlich relativ normal beurteilen, also das muss man ja schon sagen. Dass man da jemanden findet, der sein Essen aufschreibt im Vergleich zu seinem eigenen Essen, damit der das veranschaulicht bekommt. Das würde ich sagen, das zeigt es am meisten.
Mit der Kalorientabelle, das finde ich schwierig, weil eben das zu dem führen kann wie bei mir auch. Da muss man wieder individuell abschätzen, was das für eine Person ist. Und da kennt ja jeder sein Kind oder seine Freundin oder Freund am besten. Und dann halt auch vielleicht gucken, dass wenn man merkt, dass es mit dem Sport zu viel wird, eben auch anbieten, dass man immer zusammen Sport macht. Dass er dann da merkt, er kann den Sport machen, aber vielleicht die Menge reduziert bekommt. Dass man da ein bisschen, ohne dass er das Gefühl hat, kontrolliert zu werden, ihn kontrolliert.