Die Erfahrungen von Alexandra Jung

Portrait Alexandra Jung ist 20 Jahre alt, lebt in einer Partnerschaft und ist Studentin. Im Alter von 17 Jahren begann sie, ihr Essen stark einzuschränken und immer mehr Sport zu machen. Durch strukturierte Esspläne schaffte sie es selbst, wieder zuzunehmen. Besonders unter Stress gab es eine Zeitlang Phasen, in denen sie sehr wenig aß.

Ernährung war in Alexandra Jungs Leben sehr lange gar kein Thema. Das änderte sich, als sie einen Freund hatte, der sehr sportlich war und sich bewusst ernährte. Sie erzählt, dass sie begann, sich neben ihm schlecht zu fühlen. Eine Rolle spielten dabei für sie außerdem die Kommentare seiner Mutter über ihre Figur. Sie begann, sich zu dick zu fühlen, immer mehr Sport zu machen und weniger zu essen.

Für Alexandra Jung kam dann hinzu, dass nach dem Abitur ihre gewohnte Tagesstruktur auseinanderfiel und sie ziemlich alleine war, da sie viel arbeitete und ihre Freunde sich zerstreuten. Sie fing an, Zeit damit zu verbringen, Kalorien zu zählen. Rückblickend betrachtet sie das als großen Fehler, da sie von da an nicht mehr anders konnte, als im Kopf mitzurechnen, wie viel Kalorien etwas hat. Sie kapselte sich immer mehr ab und war nur noch mit Kalorien zählen, Essen einschränken, Wiegen und Sport beschäftigt.

Ihre Eltern sprachen Alexandra Jung auf ihr Abnehmen an, doch sie war selbst überzeugt, dass alles in Ordnung ist. Erst ein Telefongespräch mit einer ehemals magersüchtigen Freundin half ihr, zu erkennen, dass sie selbst krank war. Alexandra Jung suchte sich Informationen zur Behandlung von Essstörungen aus dem Internet. Um aus der Essstörung herauszukommen, erstellte sich selbst Kalorienpläne, die ihren Mindestbedarf deckten und an die sie sich eisern hielt. Eine Ernährungsberaterin nahm ihr die Angst vor dem Dickwerden, indem sie ihr vorrechnete, wieviel sie essen könnte. Alexandra Jung betont, dass klare Fakten und Zahlen wichtig für sie waren, um wieder ein Gefühl dafür zu bekommen, was in Bezug auf Essen „normal“ ist. Dabei halfen ihr auch ein strukturierter Alltag mit geregelten Essenszeiten und Essplänen. Auch ihre beste Freundin war für sie wichtig als „Realitätspol“ und Konfrontation. Eine Psychotherapie erlebte sie nicht als hilfreich, da sie dort zu wenig konkrete Anleitung bekam.

Eine Zeitlang gab es Phasen, in denen Alexandra Jung sehr wenig aß. Insbesondere in stressigen Zeiten hatte sie das Gefühl, dadurch ein gewisses Maß an Kontrolle behalten zu können. Sie erlebte jedoch eine stetige Besserung, kann wieder auf ihr Hungergefühl hören, Aktivitäten wie Laufen oder Bergsteigen geben ihr ein gutes Körpergefühl, ohne sich wie früher als Zwang anzufühlen. Kalorien und Wiegen spielen keine Rolle mehr. Einige Zeit nach dem Interview erzählt Alexandra Jung, dass sie keinerlei Einschränkungen durch die Essstörung mehr erlebt und sich wieder ganz und gar gesund fühlt.

Das Interview wurde im Frühling 2016 geführt.

 

Alle Interviewausschnitte von Alexandra Jung

Alexandra Jung hält es für notwendig, dass man selbst eine Veränderung will.

Alexandra Jung ärgert sich über gesellschaftliche Idealbilder und betont, dass es Wichtigeres im Leben gibt.

Alexandra Jung hätte sich mehr Einfühlsamkeit und Interesse von ihren Eltern gewünscht.

Alexandra Jung fühlte sich „zu fett“, nachdem sie Germanys Next Topmodel geschaut hatte.

Alexandra Jung belog nicht nur die anderen, sondern vor allem sich selbst.

Alexandra Jung merkte im Gespräch mit einer magersüchtigen Freundin, dass sie genau das Gleiche hatte.

Bei Alexandra Jung wurde das Kalorienzählen durch eine Handy-App richtig schlimm.

Alexandra Jung fand es hilfreich, im Internet medizinische Informationen über Ernährung einzuholen.

Alexandra Jung sieht sich im Spiegel immer als dick.

Alexandra Jung erzählt, dass ihre Mutter wütend wurde und sich Sorgen machte, als sie erfuhr, dass sie eine Psychotherapie macht.

Alexandra Jung informierte sich und erstellte sich selbst Kalorienpläne.

Alexandra Jung erzählt, wie sie sich in der Essstörung nicht mehr für ihre Freunde interessierte.

Alexandra Jung findet, dass die Essstörung ein Versuch ist, Kontrolle zu erlangen.

Alexandra Jung rät dem Umfeld, nicht alles persönlich zu nehmen.

Alexandra Jungs Freund hat eine gute Art gefunden, sie zum Essen zu animieren. Sie weiß auch, dass ihre Essstörung für ihn manchmal anstrengend ist.

Alexandra Jung wollte wieder die Freude am Leben haben, die sie in der Essstörung verloren hatte.