Selbsthilfegruppen

Einige unserer Interviewpartner profitierten vom Austausch mit anderen Betroffenen in einer Selbsthilfegruppe. Ganz allgemein empfanden es viele als hilfreich, praktische Erfahrungen auszutauschen und dadurch mit der Krankheit ein Stück weit besser umgehen zu können. Die Männer sprechen davon, dass sie wirklich offen über die Krankheit sprechen konnten, auch weil andere Erkrankte sich in ähnlichen Situationen befinden.

Kay Hahn schätzt die Bandbreite an Erfahrungen, die er in der Selbsthilfegruppe erlebt.

Jens Kaiser konnte sich mit anderen über Nebenwirkungen der Brachytherapie austauschen.

Für viele sei die Selbsthilfegruppe ein Glücksfall gewesen, weil es konkret Anregungen zur Ernährung, Informationen über medizinische Verfahren, Tipps zu Rehaeinrichtungen sowie zum Schwerbehindertenausweis gab. Andere ließen sich Magazine und Infomaterial mitgeben. Dieses Wissen animierte wiederum einige, in Gesprächen mit ihrem Arzt/ihrer Ärztin selbstbestimmter zu sein, Dinge zu hinterfragen oder gezielter nachzufragen.

Viele schätzen besonders die breite Aufstellung der Themen in Vorträgen oder Erfahrungsaustausch zu Therapien, zu Nebenwirkungen wie Inkontinenz oder zu Ernährungsweisen sowie zum alltäglichen Leben mit der Erkrankung.

Helmut Wurm bekam bei einem Vortrag neue Informationen zu Hormonentzug und Inkontinenz.

Unsere Interviewpartner schildern, dass ein weiterer Nutzen darin bestand, dass sie durch Vorträge in Kontakt zu medizinischem Personal kamen. Einige berichten, dass Vertrauen geschafft wurde und manchen Männern der Weg geebnet wurde bzw. sie in ihrer Entscheidung bestärkt wurden. Einige schilderten den Fachleuten ihre Probleme oder stellten Fragen, manche nutzten die Gelegenheit und lernten ihren späteren Arzt kennen.

Viele berichten davon, dass es ihnen gut getan habe, sich mit anderen zu vergleichen und zu sehen, dass es anderen ähnlich ergehe, sie aber auch damit klar kämen und als Vorbild dienen konnten. Zu sehen, dass andere auch unter Nebenwirkungen wie zum Beispiel Inkontinenz litten, empfanden einige als entlastend. Andere wurden durch die Feststellung, dass es ihnen besser als anderen geht, aufgebaut.

Bernd Zimmermann wurde durch einen anderen Betroffenen Mut gemacht.

Frank Moll fand, dass es ihm gegenüber anderen nicht so schlecht geht.

Weiterhin berichten Gesprächspartner, dass sich gegenseitig Mut gemacht wurde und man normal in Männerkreisen über Prostatakrebs reden konnte. Einige sind der Meinung, dass es nur Sinn mache, wenn man selbst davon profitiert und auch anderen etwas zurückgibt.

Alexander Huetzing ist nicht in ein Loch gefallen, weil die Selbsthilfegruppe als Mutmacher und Rückhalt fungierte.

Doch nicht für alle war es leicht, mit den Erkenntnissen, die sie durch die Selbsthilfegruppe erhielten, umzugehen, gerade im Bezug darauf, was es heißt mit Krebs zu leben. Ebenso ist der Umgang mit anderen Erkrankten, denen es vielleicht schlechter geht als einem selbst, nicht immer einfach zu ertragen.

Wilhelm Berger schätzt den Informationsaustausch, findet es aber auch belastend andere zu sehen, die leiden.

Ein paar Männer wären froh gewesen früher von einer Selbsthilfegruppe gewusst zu haben, um sich Informationen zu holen und gezielt andere Erkrankte ansprechen zu können. Sie geben an, erst durch die Reha oder ihren Arzt nach der Therapie von Selbsthilfegruppen erfahren zu haben.

Guenther Neumann schätzt heute die Selbsthilfegruppe und hätte früher vieles anders gemacht.

Manche unserer Gesprächspartner erlebten Selbsthilfegruppen als für sich nicht hilfreich. Andere erlebten Selbsthilfegruppen, in denen die Kompetenz der Ärzt*innen angezweifelt wurde, was sie nicht als förderlich empfanden. Einige empfanden das Gesprächsklima als schambehaftet oder schildern, dass kein Raum für spezielle Anliegen vorhanden war, auch weil die Zeit zu knapp war.

Josef Mayer findet, dass kaum Raum für positive Aspekte ist.

Helmut Wurm hatte einige Probleme und fand, dass sich Leute in der Selbsthilfegruppe genierten.

Kay Hahn schildert seinen ersten Kontakt und warum ihm das offene Gespräch über Gefühle in der Selbsthilfegruppe fehlte.

Georg Sommer war enttäuscht und dachte, dass Selbsthilfe praktische Hilfe zur Selbsthilfe gibt.

Einige Männer engagierten sich und wurden Leiter einer Selbsthilfegruppe bzw. gründeten eine Gruppe im Verlauf ihrer Krankheit. Sie berichten, dass sie es als wichtig empfinden, Leuten in einer ähnlichen Situation etwas durch ihr Engagement zurück zu geben. Manche schildern, dass sie Zuspruch für ihr Engagement bekommen, was für sie eine weitere Bereicherung und Erfüllung ist. Für einige ist das Ehrenamt auch ein neuer Lebensmittelpunkt geworden, besonders nach Ende ihrer regulären Berufslaufbahn.

Für Rolf Fuchs hat die Selbsthilfegruppe eine ganz entscheidende Rolle gespielt.